Offener Brief Africa United e.V. zum Niedersächsischen Integrationspreis

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,

erlauben Sie uns, Frau Bundeskanzlerin, diesen Brief mit folgendem Zitat zu beginnen: „Kaum Jemand auf dieser Welt verlässt einfach so oder freiwillig sein Zuhause, wo er geboren und aufgewachsen wurde, seine Freunde, seine Familie sein gewohntes Umfeld, um sich auf eine lebensgefährliche Reise zu begeben, auf der es keinen Schutz und keine Garantie gibt“. Ende des Zitats.

Wir sind Afrikaner und Afrikanerinnen (afrikanische Diaspora). Wir kommen aus ganz Afrika und der Welt. Wir sind Mitglieder des Vereins „Afrika United e.V“ in Hameln in Deutschland. Der Verein wurde 2018 gegründet, eingetragen und registriert. Zu seinen Mitgliedern zählen auch Staatsangehörige der Europäischen Union.

Die Niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe startet gemeinsam mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten einen Wettbewerb zur Vergab eines Integrationspreis 2020 an Vereine unter das Motto „Integration durch Musik, Kunst und Kultur“. „Afrika United e.V.“  begrüßt diese Initiative. Wir nutzen diese Gelegenheit auch, um der Regierung für ihre Bemühungen zur Förderung und Erleichterung der Integration von Einwanderern in der Region zu danken. Es bleibt aber noch viel zu tun. Wir haben daraufhin beschlossen, unser Schweigen zu brechen, um die Fehler einer sehr theoretischen Integrationspolitik aufzudecken und anzuprangern, die nicht die Realität der deutschen Gesellschaft widerspiegelt, scheinheilig und einseitig ist. Wir möchten Ihnen auch unsere ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Entwicklung von Straftaten gegen Einwanderer, insbesondere rassistisch motivierte Straftaten, mitteilen:

• Ein Integrationspolitik, die viel mehr darin besteht, Einwanderer zu assimilieren anstatt sie zu integrieren.

• Eine Integrationspolitik, die Einwanderern ihre Bürgerrechte entzieht: z.b. das Wahlrecht, wenn sie keine Staatsbürgerschaft besitzen. Neue Staatsbürgerschaftsgesetze machen einen Einwanderer zu einem deutschen Staatsbürger zweiter Klasse.

• Eine Integrationspolitik, die Einwanderer daran hindert, sich aktiv am politischen Leben zu beteiligen. Als Beweis: der Integrationsbeirat hat in den meisten Städten kein Stimmrecht und keine politische Befugnis. Er übernimmt nur die Rolle des  Beraters. Zuwanderungs- und Integrationspolitische Entscheidungen werden oft de facto von den Behörden getroffen, ohne die Zuwandererverbände zu konsultieren. Dieses Verhalten erinnert uns, insbesondere die afrikanische Diaspora, an die schmerzhafte Vergangenheit der Sklaverei und der Kolonialisierung, in welcher der Kolonialherr dieselbe Methode anwandte. Auch „Afrika United“ wurde Opfer  dieses Kolonialverhaltens. Beispielsweise wurde uns während einer Sitzung des Sozialausschusses das Rederecht vom Ausschusspräsidenten auf manu militari Weise entzogen, um zu verhindern, dass wir auf die fremdenfeindliche Rhetorik einer gewählten Kommunal- Politikerin reagieren (bitte lesen sie die folgenden Artikel aus der Lokalpresse Dewezet Hameln vom 30.08.2019; 06.09.2019; 17.09.2019; 8.10.2019).

• Eine Integrationspolitik, die es ablehnt, Einwanderern soziale und kulturelle Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. „ Afrika United“ ist seit seiner Gründung mit einem Raumproblem konfrontiert. Dies lähmt häufig die Organisation unsere Versammlungen und unsere Integrationsaktivitäten. Dies ist ein Mangel an politischem Willen der Behörden, die Integrationsbemühungen von Einwanderern zu unterstützen. Die Einwanderung ist nach wie vor polarisiert und wird von den meisten politischen Parteien für politische Zwecke genutzt, um sich auf Kosten der Einwanderer zu profilieren und gewählt zu werden.

• Parallel zu den Bemühungen der Behörden, die Integration zu fördern und zu unterstützen, stellen wir leider auch die chronische Nachlässigkeit dieser Behörden bei politischen Entscheidungen zur Bestrafung fremdenfeindlicher und rassistischer Straftaten fest: “ein AfD –Politiker aus Mecklenburg Vorpommern spricht, in einem Zwischenruf bei einer Debatte von Leistungsmissbrauch durch Asylbewerber, von „Neger“ und verwendet das Wort auch in einem Redebeitrag. Er wird zur Ordnung gerufen. Letzteres bewertet ein Gericht als Verstoß gegen die Landesverfassung. Das Landesverfassungsgericht befand zudem, dass das Wort „Neger“ nicht zu den Begriffen zählt, die ausschließlich der Provokation oder der Herabwürdigung anderer dienen können“. Der Ordnungsruf habe den Abgeordneten somit in seinem Rederecht verletzt, argumentiert das Landesverfassungsgericht weiter.

• Wie können wir uns einer erfolgreichen Integration rühmen, wenn wir seit Jahrhunderten  Kindern in Schulen und Ausbildungszentren eine voreingenommene, verfälscht geschriebene Weltgeschichte beibringen, die insbesondere das afrikanische Volk diskriminiert?

• In allen europäischen Geschichtsbüchern lobt der Sieger, das heißt der Kolonialherr, die wenigen seltenen Vorteile der Sklaverei und die Kolonialisierung, ohne auf seine immense Verantwortung für die zahlreichen Verbrechen und Völkermorde in Afrika in dieser Zeit hinzuweisen. Die Europäer ignorieren somit die wahren Ursachen der Einwanderung und wachsen in einer historischen Lüge mit Vorurteilen gegenüber dem afrikanischen Volk auf. Sie entwickeln später  Ressentiments gegen das afrikanische Volk und behaupten, dass sie Europa überfallen werden. Geschichte wird immer vom Gewinner geschrieben.

•  Wir erinnern Sie daran, dass die folgenden Begriffe „Neger, Bimbo, Mohr…“ heutzutage in Geschichtsbüchern, in Schulen, von der deutschen und europäischen Bevölkerung noch abwertend verwendet werden, um Schwarzafrikaner zu bezeichnen und zu diskriminieren, ohne bestraft zu werden. Selbst in Werbefilmen in den Medien werden oft nur europäische Kinder dargestellt. Kinder afrikanischer Herkunft fehlen oft. Dies spiegelt nicht die Realität unserer multikulturellen Gesellschaft wider, mit der manche Politiker oft prahlen. Kinder afrikanischer Herkunft identifizieren sich somit nicht mehr mit dieser Gesellschaft, die sie als rassistisch empfinden. Andererseits sind Kinder afrikanischer Herkunft sehr häufig in der Spendenwerbung von gemeinnützigen Organisationen dargestellt, in einem sehr bedauerlichen und ungepflegten Zustand, die den Stereotypen bedient,  stigmatisiert, um finanzielle Spendengelder zu sammeln, die letztere möglicherweise nie sehen werden.  Während ich diesen Brief schrieb, erfuhr ich aus den Medien, dass das Büro des einzigen deutschen Abgeordneten afrikanischer Herkunft gerade in Halle an der Saale angegriffen wurde. Zum Glück war Letzterer nicht vor Ort. Eine weitere Kriminelle und rassistische Tat unter vielen anderen.

• „Afrika United e.V“ stellt fest, dass Afrikaner sehr oft diskriminiert werden. Sie sind auch häufiger Opfer unerwarteter, gezielter Identitätskontrollen, die von der Polizei in Bahnhöfen, Zügen und an öffentlichen Orten absichtlich durchgeführt werden. Eine von der deutschen Polizei sehr geschätzte und praktizierte Methode, befand die UNO. Eine Behandlung und notorische Tatsache, die wir für unfair, diskriminierend und rassistisch halten. Dies ist auf die vorschnellen Vorurteile einiger Sicherheitskräfte zurückzuführen. Dies wird als Rassenprofilierung (Racial profiling) bezeichnet. Derzeit werden von den Behörden keine Maßnahmen ergriffen, um diese Praxis zu verhindern.

• Schlimmer noch, Sie haben einen gewissen Herrn Günter Nook zum Afrikabeauftragten der Bundesregierung bzw. zum Afrikabeauftragten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ernannt. Dieser Herr ist eine sehr schreckliche und sehr umstrittene Person. Er kennt Afrika nicht einmal, lässt sich aber  seit seiner Ernennung  zu diskriminierenden und rassistischen Äußerungen und Rhetoriken gegenüber Afrika und Afrikanern herab, während Deutschland eine Vielzahl von intellektuellen Personen afrikanischer Herkunft aufweist, die bereit sind, diese Funktion besser als jeder andere zu übernehmen.

• Fußball, ein kollektives Spiel, das rassistische, religiöse und andere Barrieren abbauen soll, bleibt nicht verschont. So äußerte sich auch der Geschäftsführer der deutschen Fußballmannschaft „Schalke“, als Festredner beim Tag des Handwerks in Paderborn, und ließ rassistische und diskriminierende Aussagen gegenüber Afrikanern und dem Kontinent Afrika verlauten. Rassismus und Diskriminierung sind in Deutschland alltäglich. Sie sind endemisch, gut gepflegt und werden vom System unterhalten. Einige Politiker oder Aktivisten, die die Demokratie verteidigen und gegen Diskriminierung kämpfen, werden oft bedroht oder sogar getötet. Die Täter bleiben jedoch meist unbestraft oder werden nur zu einigen Jahren Gefängnis verurteilt. Dieses Verhalten bedroht Demokratie, Frieden und soziale Gerechtigkeit in Deutschland.

Die Antworten und Lösungen gegen Diskriminierung müssen politisch sein. Wir stellen jedoch mit großer Besorgnis fest, dass die deutschen Behörden sehr lasch sind, angemessene Entscheidungen zur treffen, um wirksam gegen diese Geißel vorzugehen. Aus diesem Grund fordern wir seit mehr als einem Jahr alle Deutschen mit Migrationhintergrund auf, alle Zuwandererverbände und Sympathisanten, sich in Politischen Lobbys (politischen Parteien) nach Holländischem Vorbild  zusammenzuschließen. So wäre es für uns möglich, an nationalen Versammlungen teilzunehmen, um unter anderem zur Ausarbeitung von Gesetzen beizutragen, mit denen  Rassismus und Diskriminierung verhindert und politisch bekämpf werden können.

Menschen mit schwarzer Hautfarbe werden in allen Bereichen diskriminiert. In Schulen, öffentlichen Diensten, an öffentlichen Plätzen usw. Um diese Realität zu erleben, zu begreifen und wahrzunehmen, muss man eine Person mit schwarzer Haut sein. Deshalb empfehlen wir Ihnen einen der Filme des deutschen Journalisten und Schriftstellers Herrn  Gunter Walraff, mit dem Titel „In der Haut eines schwarzen Mannes“, welcher genau diese unschöne Realität darstellt.

• Die meisten politischen Debatten konzentrieren sich nach wie vor auf Einwanderung und Terrorismus. Wer hier von Einwanderung spricht, meint Terrorismus, Schwarze (Afrikaner), Muslime und umgekehrt. Einige politische Parteien nutzen die Gelegenheit, um sich zu profilieren und zu stärken. Für diejenigen, die es nicht glauben wollen:  Deutschland ist seit langem ein Einwanderungsland. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung, leben heute ungefähr 20 Millionen (ein Viertel der Bevölkerung) Menschen mit ausländischen Wurzeln in Deutschland, davon besitzt knapp die Hälfte einen deutschen Pass. Diese Menschen sind in der Politik kaum vertreten. Deutschland muss die kulturelle und ethnische Heterogenität der Zuwanderung als Chance betrachten. Hierzu fordert „Afrika United e.V.“ die Bundesrepublik Deutschland auf:

• Die Überarbeitung der Migrationspolitik, welche eine permanente Baustelle ist.

• Einführung einer Einwanderungspolitik, die Einwanderer nicht ausschließt, sondern integriert und die politische, soziale Teilhabe fördert.

• Rasche Umsetzung der UN-Resolution 68/237 vom 23 Dezember 2013 zur internationalen Dekade der Menschen afrikanischer Herkunft, das Deutschland ratifiziert hat und in dem Rassendiskriminierung und Rassenprofilierung verboten sind.
 
• Die im März 2019 verabschiedete und von Deutschland ratifizierte Resolution der Europäischen Union zu den Grundrechten von Menschen afrikanischer Herkunft in Europa umzusetzen.

Einwanderung ist eine der wichtigsten direkten Folgen des Imperialismus. Um eine dauerhafte und konkrete Lösung für die Einwanderung zu finden, muss der Imperialismus die eigentliche Ursache der Einwanderung untergraben. Hierzu fordert „Afrika United“ die Bundesrepublik Deutschland auf:

• Klimawandel und globale Erwärmung reduzieren und verhindern.
 
• Überprüfung des zwischen der Europäischen Union und Afrika unterzeichneten Freihandelsabkommens und des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens (WPA) zu unserem Nachteil, welche wir als unfair, ungleich, illegal und destruktiv für Afrika bezeichnen. Diese Abkommen sind die Hauptursachen für die ewige Unterentwicklung Afrikas und die Einwanderung.

• Möge die Verarmung und Plünderung Afrikas durch europäische und amerikanische Konzerne aufhören. „Die Afrikaner sterben vor Hunger im Paradies“, sagte der der Präsident der FAO unter Berufung auf die Reichtümer des Kontinents (Gold, Diamanten, Uran, Öl, Kobalt, Mangan usw.).

• Beendet die unnötigen Kriege auf dem afrikanischen Kontinent, die von den Großmächten, einschließlich Deutschland, organisiert und geführt werden. Diese Kriege haben zum Ziel, den Kontinent zu destabilisieren, um ihn besser verwalten und plündern zu können, um die Industrien der Großmächte  mit den dringend benötigen Rohstoffen zu versorgen, die Kriegswaffen zu verkaufen, zu experimentieren und schließlich Ihre geopolitischen und geostrategischen Interessen zu verteidigen und zu wahren. Denken Sie  daran, dass die Welt derzeit Opfer zweier Formen des Terrorismus ist. Die  erste Form der Terrorismus ist sicherlich eine Reaktion auf den Imperialismus und die Ungerechtigkeit der Großmächte. Die zweite Form des Terrorismus ist die, welche von  denselben Imperialisten gut organisiert, finanziert und bewaffnet wird, um Länder wie Libyen, Mali, Niger, Tschad, Nigeria, Kongo, Burkina Faso, Elfenbeinküste usw., die reich  an Rohstoffen sind, zu destabilisieren, um ihre Ressourcen auszubeuten und zu plündern. Diese beiden Formen des Terrorismus sind jedoch voreinander abhängig. Europa und seine Verbündeten verfügen über die fortschrittlichsten Technologien der Welt, die es Ihnen ermöglichen, alle terroristischen Organisationen auf der Welt zu lokalisieren, abzubauen und zu entwaffnen. Wenn sie dies manchmal nicht tun, gehen wir davon aus, dass sie ihre Interessen haben und dass diese Verbrechen ihnen zugute kommen. Afrika ist leider der Kontinent, der den höchsten Preis zahlt.

• Deutschland muss sich seiner Kolonialen Vergangenheit stellen. Es muss seine Kolonialgeschichte überprüfen, aufklären und aufarbeiten. Es muss die Ungerechtigkeit und die Schäden, die es seinen ehemaligen Kolonien in Afrika während der Kolonisierung zugefügt hat, anerkennen und wiedergutmachen, so wie es auch mit Israel gehandhabt wurde und auch weiterhin wird. Die Doppelmoralpolitik ist auch eine Form der Diskriminierung.

• Deutschland muss eine aufrichtige Debatte über Neokolonialismus eröffnen.

Ein Integrationspreis ist an sich keine schlechte Idee, aber die Voraussetzungen müssen erfüllt werden. Die Deutsche Migration – und Einwanderungspolitik ist eine ewige Baustelle  die überprüft werden muss. Diese Migrationpolitik spiegelt nicht das Bild eines Landes wie Deutschland wider, das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs darum kämpft, dass die Menschen ihre dunkle und kontroverse Vergangenheit vergessen und eine bedeutende Rolle in der internationalen politischen Szene spielen. Gründe, warum Afrika United e.V. die Teilnahme an diesem Wettbewerb ablehnt.

„Afrika United e.V“ erklärt sich bereit, mit den Behörden, allen Verbänden und Institutionen zusammenzuarbeiten, um eine faire und gerechte Integrationspolitik aufzuarbeiten. Diese Integrationspolitik erfolgt  ohne Diskriminierung, unter Berücksichtung der Realität und der Zusammensetzung der deutschen Gesellschaft.

Liebe Frau Dr. Bundeskanzlerint! Dieser Brief ist weder ein Affront noch ein Urteil oder eine Drohung, sondern basiert auf realen und  subjektiv erlebten Tatsachen eines Volkes. Dieser Brief ist auch ein Notruf, ein Hilferuf eines Volkes an die Gerechtigkeit und die Suche nach ihrer Freiheit. Die Geschichte lehrt uns, dass alle dominierten und diskriminierten Völker eines Tages rebellieren und sich selbst befreien. In Hinblick auf die Freiheit der sozialen Gerechtigkeit haben wir daher die Ehre, Ihnen dieses  Schreiben zuzusenden.  
 
Afrika United würde sich sehr freuen, von Ihnen für einen Ideenaustausch empfangen zu werden und auch von Ihren klugen Ratschlägen zu profitieren.
 
„Das Gefühl, benachteiligt, diskriminiert zu werden, scheint erblich zu sein. Wir wollen es nicht an unsere Nachkommen weitergeben.

Mit der Hoffnung, dass Sie Wege finden, uns zu helfen.

Mit freundlichen Grüßen
Afrika United e.V

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